Wer soll gegen Grippe geimpft werden?
Menschen im Rentenalter, chronisch Kranke, Schwangere und Berufstätige in Bereichen mit viel Publikumsverkehr: So sah jahrelang die Zielgruppe aus, der eine Grippeschutzimpfung dringend empfohlen wurde.
Im Corona-Jahr 2020 wird nun auch an die ganz Jungen appelliert: Prof. Dr. Johannes Hübner, Leitender Oberarzt der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München und Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI), empfiehlt laut „Welt am Sonntag“ allen Eltern, ihre Kinder gegen Grippe impfen zu lassen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) unterstützt den Aufruf: „Gleichzeitig eine größere Grippewelle und die Pandemie kann das Gesundheitssystem nur schwer verkraften. Deswegen haben wir diesmal zusätzlichen Grippeimpfstoff besorgt. Jeder, der sich und seine Kinder impfen lassen will, sollte und kann das tun.“
„Wir wissen, dass Kinder das Influenzavirus maßgeblich übertragen“, so Hübner. Neben der Vermeidung gesundheitlicher Risiken durch eine Grippeinfektion im Kindesalter verstehe er die Impfung als „gesellschaftliche Verpflichtung zum Schutz anderer“. Ein weiteres Argument sei, Familien und deren Umfeld Verdachtsmomente zu ersparen – „und alles, was damit verbunden ist: Aufenthalte beim Arzt, in der Klinik, Krankmeldungen der Eltern." Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) befürwortet eine Grippeschutzimpfung für Kinder, die älter als sechs Monate sind.
Gibt’s genug Impfstoff für alle?
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach vertritt einen anderen Standpunkt: „Ich schließe mich da der Ständigen Impfkommission (STIKO) an, dass nur Kinder mit Risikofaktoren gegen Grippe geimpft werden sollten”, erklärte er gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Wegen der meist leichten Krankheitsverläufe sehe er für ansonsten gesunde Kinder keine medizinische Notwendigkeit.
Lauterbach befürchtet außerdem Lieferengpässe beim Impfstoff. Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey ergab, dass sich in diesem Jahr 51,5 Prozent der Deutschen gegen Grippe impfen lassen wollen, berichtet die Augsburger Allgemeine. In den Vorjahren lag die Impfbereitschaft dem Marktforschungsunternehmen IPSOS zufolge nur bei rund 44 Prozent.
Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) kann derzeit keinen generellen Mangel an Grippeimpfstoff erkennen, sagte PEI-Präsident Klaus Cichutek der Nachrichtenagentur dpa. Das Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel rechnet damit, dass für die kommende Grippesaison rund 25 Millionen Dosen freigegeben werden. Da nicht nachproduziert, sondern nur umverteilt werden kann, was bis Ende April bestellt wurde, hatte Jens Spahn Medizinerinnen und Medizinern erlaubt, 30 Prozent mehr zu ordern als im vergangenen Jahr. Damit wurde die erst im Vorjahr eingeführte Regelung zur Wirtschaftlichkeit, die die finanzielle Verantwortung für zu viel bestellten Impfstoff den Praxen überließ, wieder gekippt.
Ende Juli dieses Jahres hat das Paul-Ehrlich-Institut angefangen, Chargen der aktuellen Influenzaimpfstoffe zu prüfen. Bisher konnten mehr als 13,6 Millionen Dosen freigegeben werden. In der Grippesaison 2019/20 waren es insgesamt 21,2 Millionen.
Die ersten Hersteller haben bereits mit der Auslieferung ihres Impfstoffs an Großhandel und Apotheken begonnen. Im Rahmen von Modellprojekten dürfen in diesem Herbst erstmals auch Apothekerinnen und Apotheker das Impfen übernehmen – wenn sie zuvor in einer Schulung durch ärztliches Fachpersonal entsprechend vorbereitet wurden. Die deutliche Mehrheit aller Grippeschutzimpfungen wird jedoch weiterhin in Arztpraxen stattfinden.
Zur Praxisorganisation der Grippeschutzimpfung hat die STIKO folgende Empfehlungen:
· Impfungen und Sprechstunde trennen
· Impftermine verbinden (z. B. Influenza und Pneumokokken)
· Impfungen eventuell verschieben (bei Erkältungssymptomen)
· Informieren (z. B. im Wartezimmer oder durch Erinnerungen)
In den vergangenen Jahren hat die Grippesaison in Deutschland erst im Januar begonnen. Um rechtzeitig geschützt zu sein, empfiehlt es sich aber, die Schutzimpfung bereits im Herbst vorzunehmen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) untersucht jedes Jahr aufs Neue, welche Influenzaviren zu erwarten sind und legt daraufhin fest, wie der aktuelle Impfstoff zusammengesetzt sein muss.
Die Immunität gegen Influenza hält zwischen 6 und 12 Monaten an. Auch weil sich das Virus saisonal wandelt, ist jeden Herbst neuer Impfschutz nötig. Studien zufolge können wiederholte Impfungen vor schweren Verläufen schützen. Hundertprozentigen Schutz bietet eine Grippeschutzimpfung nicht. Infizieren sich geimpfte Menschen doch, verläuft die Erkrankung bei ihnen aber meist leichter.
Zu den Nebenwirkungen der Injektion mit Totimpfstoff gehören leichte Schmerzen, Schwellung oder Rötung an der Impfstelle. Abgesehen davon wird die Grippeschutzimpfung im Allgemeinen gut vertragen. Für Kinder zwischen 2 und 17 Jahren steht auch ein Lebendimpfstoff-Nasenspray aus abgeschwächten Influenzaviren zur Verfügung. Hierbei sind schnupfenähnliche Symptome möglich. Bei beiden Varianten der Impfung kann es bisweilen zu Beschwerden kommen, die an eine Erkältung erinnern und üblicherweise innerhalb weniger Tage verschwinden.
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